Der Fall
Eine medizinische Fachangestellte war seit Mai 2021 beschäftigt. Nach einer zunächst unwirksamen Kündigung wegen bestehender Schwangerschaft kündigte die Arbeitgeberin im Juli 2022 erneut – diesmal per Einwurf-Einschreiben. Im Kündigungsschutzprozess bestritt die Arbeitnehmerin den Zugang des Kündigungsschreibens. Die Arbeitgeberin legte zwar den Einlieferungsbeleg sowie den Sendungsstatus der Deutschen Post vor, konnte aber keinen Auslieferungsbeleg vorlegen.
Die Entscheidung
Das BAG stellte klar:
- Der **Arbeitgeber trägt die Beweislast** für den Zugang der Kündigung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB).
- **Einlieferungsbeleg und Sendungsstatus genügen nicht**.
- Ein **Anscheinsbeweis** für den Zugang besteht nicht.
- Erforderlich ist ein Auslieferungsbeleg oder ein anderer geeigneter Nachweis für den tatsächlichen Zugang.
Folge: Das Arbeitsverhältnis endete nicht durch die Kündigung, da der Zugang nicht bewiesen werden konnte.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Zustellung von Kündigungen:
- **Einwurf-Einschreiben ohne Auslieferungsbeleg sind unsicher.**
- Sicherer sind:
- **persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung**,
- **Zustellung durch einen Boten**, der den Einwurf bezeugen kann, oder
- **gerichtsvollzieherliche Zustellung** (allerdings mit zusätzlichen Kosten und Zeitaufwand).
Gerade in Fällen mit drohendem Fristablauf ist äußerste Vorsicht geboten. Denn ohne sicheren Nachweis beginnt auch die **dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG** nicht zu laufen – und das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen.
Fazit
Arbeitgeber sollten bei Kündigungen besonderes Augenmerk auf die **ordnungsgemäße und nachweisbare Zustellung** legen. Fehler an dieser Stelle können schwerwiegende Folgen haben.






