Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Die Einordnung eines Gutscheins richtet sich ausschließlich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt seiner Ausgabe. Maßgeblich ist, ob zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht:
- wo die zugrunde liegende Leistung erbracht wird und
- welcher Steuersatz auf diese Leistung anzuwenden ist.
Sind beide Kriterien erfüllt, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein. In diesem Fall entsteht die Umsatzsteuer bereits beim Verkauf bzw. bei der Übertragung des Gutscheins. Die spätere Einlösung ist umsatzsteuerlich nicht mehr relevant.
Wichtig für die Praxis:
Der BFH bestätigt die Auffassung des Europäischen Gerichtshofs, dass der Vertriebsweg, insbesondere die Einschaltung von Zwischenhändlern im In- oder Ausland, keinen Einfluss auf die Einordnung als Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein hat.
Hintergrund des Verfahrens
Im Streitfall wurden elektronische Gutscheincodes mit deutscher Länderkennung an Endverbraucher mit deutschem Nutzerkonto verkauft. Obwohl die Gutscheine zuvor über Zwischenhändler aus anderen EU-Mitgliedstaaten erworben wurden, sahen Finanzverwaltung, Finanzgericht und nun auch der BFH diese als Einzweck-Gutscheine an.
Da bereits bei Ausgabe feststand, dass die zugrunde liegenden elektronischen Dienstleistungen in Deutschland zu erbringen waren und der anzuwendende Steuersatz bekannt war, unterlag bereits der Vertrieb der Gutscheine der Umsatzsteuer.
Praktische Konsequenzen für Unternehmen
Unternehmen, die Gutscheine ausgeben oder vertreiben, sollten prüfen:
Sind Leistungsort und Steuersatz bei Ausgabe des Gutscheins klar bestimmt?
→ Dann liegt ein Einzweck-Gutschein vor, und die Umsatzsteuer entsteht beim Verkauf.
Ist eines dieser Kriterien nicht eindeutig feststellbar?
→ Es handelt sich um einen Mehrzweck-Gutschein, und die Umsatzsteuer fällt erst bei Einlösung an.
Weiterverkäufe von Einzweck-Gutscheinen stellen jeweils erneut steuerbare Umsätze dar. Damit schafft die Entscheidung zusätzliche Rechtssicherheit bei der Behandlung von Gutscheinsystemen – insbesondere im digitalen Bereich.
Hinweis
Für Gutscheine, die vor dem 1. Januar 2019 ausgegeben wurden, gelten weiterhin die Grundsätze der früheren BFH-Rechtsprechung. In beiden Rechtslagen führt die Übertragung solcher Gutscheincodes jedoch regelmäßig zu steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen.






